
Von Selfies, Fotos, Aktionskunst und Verwertungen. Christos Verpackungen
Hamburg/ Berlin, 04. Oktober 2021. Da steht er nun, in seiner ganzen Pracht und gänzlich wieder unverhüllt. Die Abbauarbeiten der Verpackung am Arc de Triomphe haben begonnen und das Pariser Kunstprojekt ist zu Ende. Damit ist das letzte Werk im Schaffen des Künstlers Christo posthum vollendet worden: Vom 19. September 2020 bis zum 4. Oktober 2021 ließ er für seine Kunstaktion L’Arc de Triomphe, Wrapped (Project for Paris, Place de l’Étoile – Charles de Gaulle) den Triumphbogen verhüllen. Dies selbst umzusetzen war ihm nicht mehr vergönnt. Er verstarb bereits im Mai 2020. Sein letzter Wille aber wurde ihm erfüllt und das begonnene Projekt nun umgesetzt. Für zwei Wochen strahlte der verhüllte Triumphbogen wie weiland der Reichstag. Der war schon im Juni 1995 Gegenstand der Verpackungsphantasien des Künstlers, der der begeisterten Öffentlichkeit das deutsche Parlamentsgebäude in verhüllendem Gewand präsentierte.
Damals ergaben sich daraus Streitigkeiten, die auch die Gerichte beschäftigten. Es waren Photo- und Bildagenturen, die mit den Aufnahmen des “Wrapped Reichstags” ein Geschäft machen wollten - und freilich die wirtschaftlichen Verwertungsbemühungen Christos selbst störten. Sie beriefen sich auf die in Deutschland geltende Panoramafreiheit. Die besagt, dass Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, malerisch, grafisch, fotografisch oder gefilmt vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden dürfen. Kurz gesagt ist es die Freiheit des Straßenbildes, die die Rechte des Urhebers im deutschen Urheberrecht grundsätzlich beschränkt. Die Bildhauerin einer Statue, die Architektin eines Gebäudes oder die Künstlerin eines Wandgemäldes im öffentlichen Raum wird in den Rechten, über die Wiedergabe des eigenen Werkes allein entscheiden zu können deswegen beschränkt, weil die Arbeit im öffentlichen Raum allgemein zugänglich ist.
Bei Christo sahen das Berliner Landgericht, das Kammergericht und Jahre später auch der BGH dies anders: Werke, die im öffentlichem Raum zeitlich begrenzt im Rahmen einer Ausstellung oder quasi wie eine Ausstellung öffentlich ausgestellt werden, sind von der sogenannten “Panoramafreiheit” nicht erfasst. Die unerlaubte Wiedergabe derart zeitlich befristet aufgestellter Werke verletzt den Urheber in seinen Rechten. Mit diesen Rechten hat er die Möglichkeit eigener wirtschaftlicher Auswertung durch Lizenzierungen oder eigener Verbreitung und Vervielfältigungen von Ablichtungen seiner Arbeiten.
Dass das auch im Worldwideweb gilt, hat das Landgericht Berlin im Jahre 2011 noch einmal klargestellt. Ein Recht der Fotoagentur zur Berichterstattung über die Kunstaktionen ergibt sich weder aus dem Urheberrecht noch aus dem Grundrecht der Pressefreiheit (LG Berlin, Urt. v. 27.09.2011, 16 O 484/10).
Ach ja, und was ist nun mit den Fotos vom verpackten Triumphbogen? Der französische Gesetzgeber hat 2016 eine Panoramaausnahme ins französische Urheberrecht hineingeschrieben: Solange Aufnahmen keinen kommerziellen Charakter haben, kann deren Verbreitung von dem Urheber einer bleibenden Plastik oder eines Werks der Architektur im öffentlichen Raum nicht untersagt werden. Für Selfies also reicht es allemal, und auch ein verpackter L`Arc de Triomphe wird damit als Hintergrund dienen dürfen .
Falls mal doch nicht: RKA Rechtsanwälte