BGH –
Keine Vertragsstrafe bei Deeplinks zu Fotos
Hamburg/ Berlin, 02. September 2021. Dass Fotorechtsverletzungen im Internet statt finden, ist klar. Dass den Rechteinhaber:innen Möglichkeiten zustehen müssen, das abzustellen, auch.
Dies geschieht entweder durch direkte Kontaktaufnahme und Klärung oder mittels Anwält:innen, die für Rechteinhaber:innen sogenannte Abmahnungen aussprechen. Sie beinhalten die Aufforderung, eine Unterlassungserklärung abzugeben, mit der versprochen wird, im Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen. Das ist wichtig, denn damit kann der/die Fotograf:in davon ausgehen, dass das nicht wieder geschieht. Falls doch, wird`s halt teuer. Und na klar, wenn man verspricht, etwas zu unterlassen, muss man sich auch drum` kümmern, wenn etwas in die Welt gesetzt wurde.
So geschehen in dem Fall, den der Bundesgerichtshof nun entschieden hat (I ZR 119/20, Urt. v. 27.05.2021): Auf eine Fotoverletzung folgte nach der Abmahnung eine Unterlassungserklärung des Schuldners. Auch der Link zum Bild wurde von der Internetseite derart entfernt, dass das Bild für ein breites Publikum nicht mehr zu erreichen war. Wer allerdings die genaue Linkadresse kannte, fand es wieder und so war die Aufnahme nach Abgabe der Unterlassungserklärung unter dem Link "http://... [70-stellige Folge von Buchstaben, Sonderzeichen und Ziffern]" von jedem internetfähigen Gerät noch weltweit abrufbar. Die Folge: Der Fotograf forderte eine Vertragsstrafe.
Zu Recht?
Dreh -und Angelpunkt an dieser Stelle ist § 19a UrhG und die Frage, ob mit dem Aufrechterhalten dieses versteckten Links noch ein öffentliches Zugänglichmachen verbunden ist. Der BGH schreibt dazu: Der im Streitfall maßgebliche Begriff der Öffentlichkeit ist nur bei einer
unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt. Um eine "unbestimmte Zahl potentieller Adressaten" handelt es sich, wenn die Wiedergabe für Personen allgemein erfolgt, also nicht auf besondere Personen beschränkt ist, die einer privaten Gruppe angehören. Mit diesem Kriterium "recht vieler Personen" ist gemeint, dass der Begriff der Öffentlichkeit eine bestimmte Mindestschwelle enthält und eine allzu kleine oder gar unbedeutende Mehrzahl betroffener Personen ausschließt.
Mit anderen Worten: Ist der Link nur dem Kläger, dem Beklagten und vielleicht noch ein oder zwei technischen Dienstleistern bekannt, wird das nichts, mit der Vertragsstrafe. Denn sie fällt nur an, wenn eine Fotografie öffentlich zugänglich gemacht wird. Derart eingrenzbare Personenkreise aber sind keine Öffentlichkeit.
Was diese Entscheidung des BGH nun mit RKA Rechtsanwälte zu tun hat?
Schon im letzten Jahr haben wir für einen großen medizinischen Dienstleister diese Auffassung vor dem Landgericht Düsseldorf (12 O 222/20) vertreten. Nach Abgabe der Unterlassungserklärung jubilierten der Fotograf und sein Anwalt, weil der Deeplink immer noch zu dem Foto auf der Seite unserer Mandantin führte. Es folgte eine zweite Abmahnung, die Geltendmachung einer Vertragsstrafe und - nachdem die Abgabe einer zweiten Unterlassungserklärung verweigert wurde - ein Verfügungsverfahren, in dem es eben um die Frage ging, ob ein Foto hinter einem solchen Deeplink noch ein öffentliches Zugänglichmachen ist. Das Verfahren endete mit der Rücknahme des Antrags durch den Verfügungskläger - und von der Vertragsstrafe war danach auch keine Rede mehr. File closed. Client happy.